Oliver Hankeln

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„Wenn es mir nicht gelingt, ein vernünftiges Gesundheitssystem auf den Weg zu bringen, dann will mich keiner mehr als Gesundheitsminister haben“

– Philipp Rösler

Recht hat er.

Wie schon so viele vor ihm ist auch Rösler an der zugegebenermassen schwierigen Aufgabe gescheitert, das Gesundheitsystem auf solide Beine zu stellen. Jetzt sollte er bitteschön auch Größe beweisen und zu seiner Einsicht, dass ihn niemand mehr haben wil, auch die passende Handlung finden und zurücktreten.

Unter http://gesundheitsreform.fdp.de kann man unter der Überschrift „Desolate Ausgangslage“ lesen:

Die Folge war ein nicht zukunftsfähiges, weil mit Zuschüssen aus Steuergeldern künstlich zusammengehaltenes System.

Mir war zwar neu, dass alles, was mit Steuergeldern bezuschusst wird genau deshalb zum Scheitern verurteilt wäre, aber sei’s drum.

Und? Was wird jetzt nach Willen der FDP oder zumindest Röslers besser? Lesen wir ein paar Zeilen weiter:

Für einkommensschwächere Versicherte wird ein aus Steuermitteln finanzierter Sozialausgleich verhindern, dass der Zusatzbeitrag sie überfordert.

Also:

Früher: Zuschüsse aus Steuermitteln – Muss scheitern, weil von der SPD

Bald: Zuschüsse aus Steuermitteln – Der grosse Wurf, weil von der FDP

Für wie blöd halten die uns eigentlich?

Aber Veränderungen gibt es tatsächlich:

Damit niemand überlastet wird, wird die bestehende simple Deckelung der Zusatzbeiträge von 1% auf 2% erhöht – neu aber: mit kompliziertem Berechnungssystem.

Damit bleibt dann vermutlich nach den Rechnungen aus dem Gesundheitsministerium das versprochene „mehr Netto von Brutto“ oder so. Aber von der FDP wissen wir ja auch, dass sie (18% – wer erinnert sich noch) ein eher lockeres Verhältnis zu Prozentzahlen hat 😉

Ausserdem soll nach Willen Röslers die Begrenzung des Krankenkassen-Zusatzbeitrages wegfallen. Damit entfällt für die Krankenkassen, die ja einen nicht unerheblichen Anteil an der wirtschaftlichen Schieflage des Gesundheitsystems haben, jeglicher Druck zu sparen. Natürlich: weniger Zusatzbeitrag ist ein Wettbewerbsvorteil, aber ich denke, wir können fest mit steigenden Zusatzbeiträgen rechnen – wettet jemand dagegen?

Apropos steigen: Steigen werden auch die Beitragssätze. Einmalig auch für Arbeitgeber, in Zukunft aber nur noch für Arbeitnehmer.

Die FDP behauptet zwar, dass es keine Erhöhung wäre sondern nur eine Aufhebung der Senkung, aber festzuhalten bleibt: sollte die Gesundheitsreform in Kraft treten, werden die Beitragssätze höher sein, als sie jetzt sind, also: gestiegen sein.

Mit der in Zukunft einseitigen Belastung der Arbeitnehmer sollen die Lohnnebenkosten stabil gehalten werden. Offenbar leben die Leute im Gesundheitsministerium doch sehr in einem Elfenbeinturm in dem es egal ist, ob 50 Euro mehr oder weniger auf dem Konto sind.

Viele Arbeitnehmer haben diesen Luxus aber nicht. Und das heisst, dass der durch steigende Beitragssätze und Zusatzbeiträge ausgehungerte Geldbeutel der Arbeitnehmer entweder durch die Arbeitgeber mit mehr Gehalt wieder aufgefüllt werden muss – was dann auch wieder zu gestiegenen Lohnkosten führt, oder dass die Binnennachfrage fällt, weil einfach das Geld nicht mehr da ist – was durch entgangene Gewinne auch wieder den Arbeitnehmern Geld kostet.

Es ist nicht möglich – selbst wenn man so asozial sein sollte, das zu wollen – die Kostensteigerungen in der Gesundheitsvorsorge einseitig den Patienten aufzuzwingen. Ein Gemeinwesen ist nicht nur eine Solidargemeinschaft sondern nolens volens auch eine Schicksalsgemeinschaft. Man kann, wie die Regierung eindrucksvoll beweist, zwar an den Schwächsten der Gesellschaft sparen, aber allzuoft funktioniert das nur sehr kurzfristig und die Gesamtbilanz sieht wieder ganz anders aus.

Rösler hat in seinem neuen Vorschlag zwar einiges geändert, aber eine Verbesserung habe ich dabei nirgends finden können.

Der Minister geht davon aus, dass die Kosten im Gesundheitswesen weiter steigen werden – das klingt auch für mich wahrscheinlich, nicht nur, weil moderne Medizin teurer ist als schamanistisches herumgehopse oder katholisches Gesundbeten, sondern vor allem auch weil gute Lobbyarbeit wirkliche Strukturveränderung wie die Einführung von Positvlisten für Medikamente verhindert.

Was passiert also, wenn die Kosten im Gesundheitswesen steigen? Auch die Zusatzbeiträge steigen. Und dann? Dann werden automatisch die Steuermittel aufgestockt, weil mehr Menschen an das 2%-Limit kommen. Der Anteil der Zuschüsse aus Steuermitteln wird also auch steigen.

Und was dann passiert ist klar, denn wir wissen ja von der FDP-Seite: wenn etwas mit Steuermitteln subventioniert wird, dann muss es einfach scheitern.

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